Im Naturschutzgebiet Riddagshausen ging es jungen Gehölzen an den Kragen
An den Kragen, oder besser gesagt, an die Wurzel ging es bei
der Herbstaktion Gehölzen, die sich auf dem Neuen Land aus-
gebreitet haben. Anke Kätzel, Rangerin im Naturerlebniszentrum
Haus Entenfang, konnte zum Arbeitseinsatz über 30 freiwillige
Helfer begrüßen. Neben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Hauses Entenfang, Mitgliedern des Fördervereins Riddagshausen
– Naturschutz und Bürgerschaft e.V. und des CDU-Ortsverbands
Wabe-Schunter waren etliche weitere freiwillige Helferinnen und
Helfer dabei, die sich im Naturschutz engagieren, darunter auch
mehrere Kinder.
Das Neue Land ist der jüngste Teil des Naturschutzgebietes Rid-
dagshausen. Es wurde vor ca. 30 Jahren als Ersatzmaßnahme für
die Zerstörung von Sandmagerrasen-Biotopen beim Bau der Au-
tobahn A39 zwischen Braunschweig und Wolfsburg künstlich
angelegt. Dazu wurden damals die Sandmagerrasenflächen an
der Autobahn abgetragen und auf dem Neuen Land, einer Ak-
kerfläche, aufgebracht. Da der abgetragene Sandmagerrasen
nur einen kleinen Teil der ca. acht Hektar großen Fläche aus-
machten, wurde der Rest mit großen Mengen an sandigem Bo-
den aufgefüllt. In diesen nährstoffarmen Sandboden wurden mit
Saatmischungen zahlreiche verschiedene Blumen und Gräser ein-
gesät, die mit dem mageren und trockenen Boden gut zurecht-
kommen. Innerhalb weniger Jahre hat sich hier ein blütenreicher
und artenreicher Magerrasen entwickelt, der im Sommer wun-
derbar blüht und zahlreichen Insekten wie Wildbienen, Tagfal-
tern und Heuschrecken, aber auch Vögeln wie Feldlerche, Neun-
töter und Nachtigall und vielen anderen Nahrung und Lebens-
raum bietet. Zudem ist die Fläche mit ihrer Blütenpracht einma-
lig in Braunschweig.
So gut die umgebenden Hecken mit ihren vielen verschiedenen
Büschen, Sträuchern und Bäumen auch sind, so haben sie doch
auch einen kleinen Schönheitsfehler. Ihre Samen werden von Vö-
geln verbreitet und gelangen so auf den Magerrasen, wo sie kei-
men und wachsen. Ohne Pflegemaßnahmen würde der Mager-
rasen im Laufe der Jahre immer mehr verbuschen und schließ-
lich würden sich Bäume ansiedeln. Aus der Wiese würde ein
Wald werden, die zahlreichen und vielfach auch seltenen und ge-
fährdeten Pflanzenarten würden beschattet und verschwinden.
Deshalb lässt die Naturschutzbehörde die Fläche schon seit vie-
len Jahren im Juli und Oktober jeweils zur Hälfte mähen. Dabei
bleibt eine Hälfte zunächst stehen und kann von Insekten wei-
terhin genutzt werden. Die zweite Hälfte wird dann erst im
Herbst gemäht. Das Mähgut wird abgefahren und so die Nähr-
stoffarmut des Gebietes erhalten. Die vielen verschiedenen Pflan-
zenarten können so auf dem mageren Boden gut wachsen und
blühen. Für Insekten werden auch Überwinterungsmöglichkeiten
geschaffen, indem Randbereiche nur alle zwei Jahre gemäht
werden.
Da der Sandmagerrasen nur einmal jährlich gemäht wird, schaf-
fen es Gehölze, sich auf der Fläche zu etablieren. Das regelmä-
ßige Mähen führt zwar dazu, dass Gehölze nicht groß werden
können, jedoch verbleibt beim Mähen immer die Wurzel der Ge-
hölze im Boden, sodass im folgenden Frühjahr die Wurzeln wie-
der ausschlagen und wachsen können. Um dem abzuhelfen,
hatte sich die Naturschutzbehörde dazu entschlossen, vorhande-
ne Gehölze mit ihren Wurzeln zu entfernen. Das war aber leich-
ter gesagt als getan.
Im Laufe der Jahre hatten viele Gehölze stattliche Wurzeln gebil-
det, die oft mehr als daumendick und tief in die Erde gingen. So
wurde aus einer vermeintlich leichten Aufgabe eine anstrengen-
de Aktion, bei der nicht nur so mancher Schweißtropfen die Stirn
hinunterlief, sondern auch einiges an Werkzeug beansprucht
wurde. Beim Heraushebeln der Wurzeln zeigte so manch ein Stiel
von Spaten, Grabegabel und Hacke, dass er der Belastung nur
noch bedingt gewachsen war. Werkzeug des Tages war eine
„Wiedehopfhacke“, mit der es gelang, so manche Wurzel in der
Tiefe durchzuhacken. In einer gut dreistündigen Aktion gelang
es so, auf ca. 3 Hektar Fläche vor allem Weißdorn und Hundsro-
se den Garaus zu machen.
An weitere Stellen breiten sich Wurzeln angrenzender Zitterpap-
peln aus. Hier sind Hacke und Spaten aber chancenlos, so dass
eine Fräse eingesetzt wurde, die den Boden viele Zentimeter tief
durchschnitt und so lange Wurzelausläufer in kleine Teile zerleg-
te, die dann aus dem Boden herausgesammelt werden konnten.
Hier kamen insbesondere Kinder und Jugendliche zum Einsatz,
die diese Aufgabe viel Einsatz erledigten.
Neben der Pflege des Neuen Landes war aber auch wieder eine
Gruppe unterwegs, die Müll sammelte, den Besucher des Natur-
schutzgebietes achtlos oder vielleicht sogar absichtlich wegge-
worfen hatten. Waren in den vergangenen Jahren die Bereiche
um Kreuz-, Mittel- und Schapenbruchteich Ziel der Entsorgungs-
aktion, lag das Zentrum in diesem Herbst im Gebiet um den Grü-
nen Jäger, den Spitzen Teich und den Lagesteich. Auch hier ka-
men insgesamt zwei Säcke Müll zusammen. Im Gebüsch am
Neuen Land wurden zudem drei Reifen gefunden, die später ent-
sorgt wurden. Dass Abfälle in der Natur nicht nur unschön sind,
sondern auch Gefahren für viele Tiere und Pflanzen mit sich brin-
gen, haben offensichtlich viele Menschen immer noch nicht be-
griffen. Dr. Martin Bollmeier, Thorsten Wendt